Veranstaltung
Symposium Freitag, 26. April 2013, 14.00 Uhr - Samstag, 27. April 2013, 15.30 Uhr
Diskussionsrunde Freitag, 26. April 2013, 17.00-19.00 Uhr
Ort: Duale Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg,
Studiengang Mediendesign,
Oberamteigasse 4, 88214 Ravensburg
Veranstalter: Duale Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg, Studiengang Mediendesign
Eintritt: kostenfrei, alle Veranstaltungsteile sind öffentlich.
Konzeptionelle Leitung: Cornelia Lund (Universität Hamburg/FH Vorarlberg Dornbirn) und Holger Lund (DHBW Ravensburg)
Kuratorische Leitung der Begleitausstellung: Klaus Birk (DHBW Ravensburg)
Konzeption (Kurzfassung):
Die Konzeption des Symposiums geht von der Feststellung aus, dass sich Aufgaben, Strukturen und Optionen von Design ändern in dem Maße, in dem aktuell ökonomische, technologische und soziale Veränderungen mit hohem Druck und hoher Geschwindigkeit in die Gesellschaften hineinwirken.
Auf welche Welt treffen wir, basierend auf den aktuellen Entwicklungen, in 10, 20 oder 30 Jahren? Welche Rolle wird Design darin spielen?
Wie greifen Digitalisierung und Neuronalisierung in Designprozesse und -resultate ein? Wie transparent werden Interfaces? Wo wird das Echte sein, wenn Authentizität nur als postdigitale Simulation des Echten existiert? Was heißt es, wenn „Alt“ das neue „Neu“ ist? Welche Dimensionen werden Social und Resistance Design erlangen? Wer kontrolliert Licencing in der Nachfolge von Autorschaft und Originalität?
Das Symposium soll WissenschaftlerInnen unterschiedlicher Disziplinen sowie DesignerInnen, ArchitektInnen, KünstlerInnen und MusikerInnen zusammenbringen, die sich jeweils auf ihre Weise forschend mit Zukunftsfragen und Gestaltungsfragen beschäftigen. Ziel ist es, die – durchaus auch spekulative – futurologische Sensibilität von PraktikerInnen mit der reflexiven Kompetenz von wissenschaftlichen TheoretikerInnen zu verbinden, um Szenarien zu entwickeln und zu daraus ableitbaren Denk- und Handlungsoptionen zu gelangen.
Ein thematischer Rahmen anhand von sechs exemplarischen Themenblöcken steckt das Feld der Untersuchungen ab:
Postbiotik und Neurotechnologie (Mensch-Maschine-Interfaces); Partizipative Nischen-Ökonomie (digitale Ökonomiesysteme); Post Future und Retromania (stilistisch-ästhetische Entwicklungen); Social Design, Critical Design und Resistance Design (kollektiv motiviertes Design anstelle von finanziell motiviertem); Utopia-Design (neue Weltentwürfe) und Peripherie als neues Zentrum (Neuhierarchisierung der Weltordnung, Asien und Lateinamerika vs. USA und Europa).
Innerhalb dieses Rahmens, ihn bei Bedarf ergänzend, befinden sich die Beiträge der ReferentInnen.
Das Symposium ist die zweite Veranstaltung zu diesem Thema, die erste fand im vergangenen Jahr am 02. und 03. Juni 2012 statt: http://2012.designderzukunft.de/
Programm:
Freitag, 26. April 2013
14.00 Begrüßung: Rektor Karl Heinz HänsslerEinführung in die Veranstaltung: Cornelia Lund (Universität Hamburg/FH Vorarlberg Dornbirn) und Holger Lund (DHBW Ravensburg)
14.30-15.30 Ansgar Häfner (Hochschule Pforzheim)
Design macht Sinn für die Zukunft der Gesellschaft
15.30-15.45 Pause
15.45-16.45 Petra Eisele (FH Mainz)
Designing the Future
16.45-17.00 Pause
17.00-19.00 Diskussion
über „Die Ausweitung der Designzone“ mit Eva Fischer (sound:frame, Wien), Björn Franke (Universität für angewandte Kunst Wien, ZHdK Zürich, University of the Arts and the Royal College of Art, London), Hubert Matt (FH Vorarlberg Dornbirn) und Ann Kristina Simon, Helge Fischer (Bold Futures, Berlin). Moderation: Jörg Scheller (ZHdK Zürich).
Samstag, 27. April 2013
9.45-10.45 Stefan Heidenreich (freier Journalist, Kunstkritiker und Essayist; Kunsthochschule Kassel)Industrial Internet
10.45-11.00 Pause
11.00-12.00 Thorsten Kluß (Universität Bremen)
Neurokognitive Ansätze in der Filmforschung
12.00-13.00 Mittagspause
13.00-14.00 Brave New Alps (Bianca Elzenbaumer und Fabio Franz)
Designing Economic Cultures – alternative Werte-Praxen für die Gesellschaft von heute und morgen?
14.00-14.15 Pause
14.15-15.15 Angela Haas (E&E information consultants AG, Berlin)
Kann Design Thinking ein Unternehmen revolutionieren?
Veranstaltungsende ca. 15.30
Veranstaltungsbegleitend: Ausstellung mit zukunftsrelevanten Bachelor-Arbeiten von Studierenden des Studienganges Mediendesign. Kuratiert von Klaus Birk (DHBW Ravensburg).
Eine Publikation wird die Ergebnisse voraussichtlich gegen Ende 2013 zusammenfassen.
Kontakt
DHBW Ravensburg
Mediendesign
Oberamteigasse 4
88214 Ravensburg
Sekretariat: Martina Baur
Telefon + 49 . 751 . 18999 - 2773
Telefax + 49 . 751 . 18999 - 2704
m.baur@ravensburg.dhbw.de
ravensburg.dhbw.de
Abstracts
– in alphabetischer Reihenfolge –
Petra Eisele
Designing the Future
Der Vortrag stellt vor, welche Rolle DesignerInnen bei der Antizipation des Zukünftigen eingenommen haben und fragt nach der zukünftigen Rolle von Design:Gab es Zeiten, in denen DesignerInnen ganz besonders die Rolle an sich gebunden haben, die Welt mittels Gestaltung revolutionieren, ja verändern zu wollen? Und ist es ihnen tatsächlich gelungen? Kann und wird dieser Impuls auch in Zukunft von dieser Disziplin ausgehen können? Oder hat Design längst andere Aufgaben übernommen?
Ausgewählte Beispiele aus dem Produkt-, Kommunikations- und Modedesign verdeutlichen charakteristische designtheoretische Positionen der Vergangenheit und führen zu aktuellen Diskursen über die gesellschaftliche Rolle von Design.
Prof. Dr. Petra Eisele ist Professorin für Designgeschichte und -theorie an der FH Mainz. Sie promovierte an der UdK Berlin zur postmodernen Designentwicklung seit den sechziger Jahren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin für Geschichte und Theorie des Design an der Bauhaus-Universität Weimar, sie ist Gründungsmitglied und Vorstand der Gesellschaft für Designgeschichte (GfDg) sowie stellv. Institutsleiterin des „designlabor gutenberg“ an der FH Mainz. Zu ihren zahlreichen Forschungs-, Ausstellungs- und Publikationsprojekten gehören zuletzt: Texte zur Typografie. Positionen zur Schrift (Hg. m. Isabel Naegele). Niggli, Sulgen/Zürich 2012; Design, Anfang des 21. Jd., Diskurse und Perspektiven (Hg. m. Bernhard E. Bürdek). avedition, Ludwigsburg 2011.
Profil: http://www.fh-mainz.de/gestaltung/personenverzeichnis/profil/eisele-petra/index.html
Brave New Alps (Bianca Elzenbauer und Fabio Franz)
Designing Economic Cultures – alternative Werte-Praxen für die Gesellschaft von heute und morgen?
Eine massive Wirtschaftskrise schüttelt Europa, Regierungen kürzen Sozialabsicherungen teilweise zum drastischen Minimum, Menschen wehren sich ebenso lautstark wie vergebens gegen diese Maßnahmen und die Zukunft sieht im Moment generell recht düster aus.Zugleich beginnen Menschen aber auch sich selbst zu organisieren, mit alternativen Wirtschaftsmethoden zu experimentieren und sich nach neuen Werten umzuschauen.
Uns interessiert die Rolle von DesignerInnen in diesem sozio-ökonomischen Prozess und die Frage, wie diese Krise auch die Figur des Designers/der Designerin re-konfigurieren könnte. Um uns mit dieser Frage auseinanderzusetzen, greifen wir auf die Wirtschafts- und Gesellschaftsvorschläge autonomistischer sowie feministischer italienischer Denker zurück, anhand deren Vorschlägen von alternativen Werte-Praxen wir versuchen zu skizzieren, wie diese die Arbeit und das Sein von DesignerInnen verändern können.
Brave New Alps (Bianca Elzenbaumer und Fabio Franz) arbeiten seit 2005 zusammen und haben gemeinsam an der Freien Universität Bozen und am Royal College of Art, London studiert.
Seit 2011 arbeiten sie gemeinsam an dem Forschungsprojekt „Designing Economic Cultures“ am Goldsmiths College in London. In diesem Projekt gehen sie den prekären Arbeitsbedingungen von DesignerInnen auf den Grund und bauen zugleich Strukturen für die Nachhaltigkeit von sozial und politisch orientierten Designpraktiken auf.
http://www.designingeconomiccultures.net
http://www.brave-new-alps.com/
Angela Haas
Wie kann Design Thinking Unternehmen revolutionieren?
Die weltweite Wirtschaft steckt in einer Krise, die von Unsicherheit geprägt ist. Wir können die Zukunft nicht voraussagen oder gar planen. Vielleicht können wir Impulse setzen, diese aber nicht mehr kontrollieren. Die neuen Informations- und Kommunikations-Technologien verändern soziale Strukturen. Hierarchien zerfallen und traditionelle Organisationsmodelle funktionieren nicht mehr. Das Dogma der Effizienz in Unternehmen hat eine ganz entscheidende Schwäche: Die zunehmende Komplexität innerhalb der Wissensgesellschaft erzeugt Unsicherheit. Komplexität lässt sich jedoch nicht dadurch besser organisieren, dass wir sie in vermeintlich überschaubare Häppchen zerlegen. Denn dabei verlieren wir den notwendigen Blick aufs Ganze. Zusammenhänge werden vernachlässigt und disruptive Elemente werden schlicht übersehen oder ignoriert.Wie aber gestaltet man erfolgreich Unternehmen heute und in Zukunft? Design Thinking liefert dazu eine Herangehensweise, die auf unterschiedlichen Ebenen Unternehmen verändern kann, sowohl nach innen, als auch nach außen. Design Thinking ermöglicht uns den positiven Umgang mit der Herausforderung „Komplexität“. Design Thinking bildet einen Rahmen, in dem Unsicherheit möglich ist. Wer Design Thinking als Methode nutzt oder als Haltung verinnerlicht, stellt die Menschen in den Mittelpunkt. Dabei nutzt Design Thinking die humane und natürliche Verbindung von Analytik und Intuition. Auf verschiedenen Ebenen angewendet, führt dies zu neuen Prozessen, Produkte und Dienstleistungen werden zu Experiences. Geschäftsmodelle zeigen neue Wege auf und selbst Unternehmenzweck und -führung werden hinterfragt und sind gestaltbar.
Angela Haas M.A. ist ausgebildete Diplom Designerin (FH) und arbeitet seit März 2012 als Design Thinking Consultant in der Berliner Unternehmensberatung E&E AG. Hier ist sie maßgeblich an der unternehmerischen Ausrichtung auf Design Thinking beteiligt und leitet die interne Design Thinking-Ausbildung. Angela Haas war Freiberuflerin im Bereich Design-Strategie und leitete die Design Abteilung der Iomas Media GmbH. 2011 schloss sie ihr Masterstudium an der HS Pforzheim mit Auszeichnung ab. Ihre Masterthesis „Design in the Mesh – Was wird aus Design Thinking in der Netzwerkgesellschaft“ wurde mit dem Studienförderpreis der Hochschule bedacht.
http://www.fluctuating-images.de/de/node/395
http://www.ee-consultants.de
Ansgar Häfner
Design macht Sinn für die Gesellschaft
Sinnvoll ist diejenige Auswahl einer Möglichkeit aus einer Fülle von Möglichkeiten, die am besten weiter führt, also neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Etwas „macht Sinn“, wenn man dadurch weiter kommt. (Luhmanns Systemtheorie).Die elektronische Technologie hat für die aktuelle Gesellschaft und Kommunikation eine enorme Zunahme von Verweisungsüberschüssen (Luhmann, Becker) bewirkt. Dieses mediale Potential muss auf lebbare Aktualisierungen reduziert werden. Design erfüllt die Funktion von solchen Komplexitätsreduktionen, erzeugt also Sinn. Diese Reduktion eröffnet jeweils neue Möglichkeiten der Kommunikation/Gesellschaft. Design bietet deshalb neue Funktionen, weil es neue Formen erzeugt und bereitstellt. Diese eignen sich als aktuell sinnvolle Selbstbeschreibung der Gesellschaft, weil sie viel abstrakter und komplexer sein können als beispielsweise Sprache und Schrift. Diese neuen Formen fungieren als Symbole sozialer Orientierung (im Sinn von „I like“ bei facebook). Sie werden immer wieder in allgemeingültiger Form durch das neue Funktionssystem Design aktualisiert. Diese Funktion für die Gesellschaft kann nur von Design bereitgestellt werden.
ArchitektInnen, IngenieurInnen, StadtplanerInnen brauchten schon bisher DesignerInnen zur Erzeugung von Orientierung (Henri Lefebvre). Design als besonderes System ist aber erst entstanden, nachdem „Form“ ein allgemeines Erfolgsmedium wurde.
Damit man von einem allgemeinen gesellschaftlichen Funktionssystem sprechen kann, wie es etwa Wirtschaft darstellt, genügt es nicht, dass das jeweilige Medium, in unserem Fall Form, überall vorkommt. Es gehört außerdem dazu, dass die Funktion von keinem anderen System für die Gesellschaft bereitgestellt, also erzeugt und erledigt werden kann. Die zukünftige Bedeutung des Funktionssystems Design wird deshalb zunehmen, weil die Kommunikation immer umfangreicher auf die Fähigkeit angewiesen sein wird, über Formen zu verfügen und neue Formen hervorzubringen. Offenbar ist nur das Funktionssystem Design in der Lage, den immensen Verweisungsüberschuss sinnvoll zu machen, den die aktuelle neue Gesellschaft hervorgebracht hat. Nur Formen als Formen ermöglichen die Bewältigung des Problems in der hoch abstrakten Formatierung, in der es daher kommt.
Bis 2012 war Prof. Dr. habil. Ansgar Häfner Inhaber der Professur für Medientheorie an der HS Pforzheim. Er konzipierte den Studiengang „Master of arts in creative direction“ und beschäftigt sich mit Wahrnehmungs-, Neuro- und Kreativitätstheorien. Ansgar Häfner studierte Philosophie, Soziologie, Politikwissenschaft und Geschichte.
http://www.designpf.com/master-creative-direction/zoom/prof-dr-ansgar-hafner/
Stefan Heidenreich
Industrial Internet, Big Data und das Leben im Netz
Das Netz taugt nicht nur zur Kommunikation. Über kurz oder lang werden jegliche Art von Dingen, Maschinen und Waren in den Informationsfluss miteinbezogen. Das Industrial Internet verspricht einen neuen Produktivitätsschub (Annunziata/Evans 2012). Produktionswege werden verschlankt, Gebrauch kollektiver Güter gefördert und Infrastrukturen besser genutzt.Parallel dazu erschließt die Analyse großer Datenmengen (Big Data, Barabasi/Lazer/Pentland) neue Anwendungsfelder im sozialen Feld. An die Stelle der statistisch erfassten Masse tritt eine Beobachtung von Interaktionen, Relationen und Akteuren im Netzwerk.
Zugleich wächst die Sorge, dass unser Leben zusehends in ein Netz von Algorithmen eingesponnen wird. Damit stellt sich einmal mehr die große Frage nach dem Verhältnis der Menschen zu ihrer technischen Umwelt. An die Stelle der frühen Dystopien (z.B. Lem, Summa technologiae) sind im Begriff der Biopolitik (Foucault/Agamben) Figuren einer politischen Kritik des Technischen getreten.
Stefan Heidenreich studierte Philosophie, Kommunikationswissenschaften, Germanistik sowie ein wenig Physik und Ökonomie in Bochum und Berlin. 2010–2013 ist er Dozent an der ETH Zürich, Kunst und Architektur, 2011–2012 hatte er eine Vertretungsprofessur für Systemdesign/Designtheorie in Kassel. Seit 2012 forscht er am Center for Digital Culture, Lüneburg. Er ist bekannt für Publikationen wie: Was verspricht die Kunst? (1998, TB 2009), Flipflop. Digitale Kultur (2004), Mehr Geld (2008), Über Universität (2013) sowie Forderungen (2013).
http://www.stefanheidenreich.de/
Thorsten Kluß
Neurokognitive Ansätze in der Filmforschung
Einen Film im Kino anzuschauen, geschieht leicht und mühelos. Während wir scheinbar passiv Bildgeschichten konsumieren, bleibt unbemerkt, welche enorme Leistung das menschliche Gehirn beim Filmeschauen vollbringt, erfordert dies doch eine Vielzahl neuronaler und kognitiver Prozesse sowie deren Koordination.Diese kortikale Leistung beginnt bereits auf den frühen Stufen der Verarbeitungskette sensorischer Information. So herrscht starke Aktivität der lichtempfindlichen Rezeptoren im Auge und in den Muskeln, welche die Bewegungen unserer Augen steuern. Ebenso sind informationsverarbeitende Systeme im Cortex betroffen. Die Tatsache, dass wir Filme überhaupt sehen können, beruht auf einer Wahrnehmungstäuschung, dem sog. Phänomen der Scheinbewegung, also der Eigenschaft des menschlichen Gehirns, aus schnell nacheinander gezeigten Standbildern den Eindruck flüssiger Bewegung zu erzeugen. Weiterhin wird Film üblicherweise von auditiven Reizen – Sprache, Geräuschen und Musik – begleitet, so dass auch der auditorische Cortex aktiv ist. Allerdings handelt es sich beim Film nicht nur um bewegtes Bild auf der einen und begleitenden Ton auf der anderen Seite: Filmmusik ist seit langem für ihre besondere Wirkung auf den Rezipienten bekannt; darüber hinaus hat die Forschung der letzten Jahrzehnte gezeigt, dass auditives und visuelles System viel enger zusammenarbeiten als ursprünglich angenommen und sich sogar gegenseitig in der Wahrnehmung beeinflussen.
Mit neurokognitiven Ansätzen in der Filmforschung werden die Prozesse erforscht, die beim Anschauen eines Films zu tragen kommen und dabei Fragen gestellt, z.B. welche multisensorischen Interaktionen unsere Wahrnehmung beim Anschauen eines Films täuschen, ob Augenbewegungen eine Aussage über den Wahrnehmungs- und Verstehensprozess machen und wie es überhaupt möglich ist, dass aus einer Anzahl von Standbildern, die in schneller Folge präsentiert werden, eine beinahe reale Nachbildung der Welt beim Betrachter entstehen kann.
Thorsten Kluß forscht in der Gruppe Kognitive Neuroinformatik an der Universität Bremen auf dem Gebiet der Funktion vom Sinnesorganen und der Verarbeitung sensorischer Information im menschlichen Gehirn. Dabei stehen Hören und Sehen sowie die Interaktion dieser Sinnenorgane im Vordergrund. Daneben sind wichtige Forschungsfragen, auf welche Weise die Motorik mit der sensorischen Information verknüpft ist, inwieweit sie ein verbindendes Element zwischen den einzelnen Sinnen darstellt und wie visuelle, auditive und motorische Komponenten gemeinsam die Repräsentation von Raum in menschlichen Gehirn konstituieren
http://www.informatik.uni-bremen.de/cog_neuroinf/de/mitarbeiterinnen/23-research-assistant/124-thorsten-kluss
Diskussion
Diskussionsthema: Die Ausweitung der Designzone
Bei der Diskussion soll es um die Ausweitung der Designzone gehen, mithin die neuen Bereiche, in denen Design und Designprozesse zur Anwendung oder Reflexion kommen. Diese Ausweitung ist verknüpft mit einer Ausweitung der Relevanz von Design – je mehr Produkte und Dienstleistungen der Gesellschaft dezidiert designt werden, desto relevanter wird Design in der Gesellschaft. Die Ausweitung der Relevanz führt dann letztlich zu einer Ausweitung der gesellschaftlichen Präsenz und Verantwortung von Designern. Mit der kürzlich getroffenen Entscheidung, den Chefdesigner von Apple, Jonathan Ive, als Nummer Zwei in der Firmenhierarchie zu positionieren, vollzog Apple wohl am deutlichsten das „Statusupgrade“ von Design.
Alle eingeladenen DiskutantInnen arbeiten über oder an dieser genannten Ausweitung der Designzone. Eva Fischer positioniert ein audiovisuelles Festival mal in Kunst-, mal in Designorten und greift eines der zentralen Designthemen, Nachhaltigkeit, in besonderer Weise auf.
Hubert Matt lehrt als Künstler und Philosoph Designtheorie, zuletzt mit einem Schwerpunkt auf den Arbeiten Bruno Latours. Ann Kristina Simon und Helge Fischer realisieren in ihrer Designpraxis zukunftsweisende Projekte abseits der üblichen Designzusammenhänge. Björn Franke forscht über Design als philosophisches Medium und zeigt in seiner Lehr-, Ausstellungs- und Designarbeit, wie Grenzen des Designs erweitert werden können.
Der Kunstwissenschaftler, Journalist und Musiker Jörg Scheller verfügt als erfahrener Moderator über den notwendigen Horizont, die Diskussionsfäden zusammenzuführen und weiterzuspinnen.
Bold Futures
Helge Fischer M.A. führt das Designstudio für Innovationskommunikation Bold Futures in Berlin. Er graduierte vom Royal College of Art, London, mit einem M.A. in Design Interactions und arbeitete für verschiedene namhafte Designstudios als Interaktionsdesigner und Berater. Auch lehrte und forschte er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Interfacedesign der Fachhochschule Potsdam. Ann-Kristina Simon M.A. führt das Designstudio für Innovationskommunikation Bold Futures in Berlin. Sie ist ausgebildete Kommunikations- und Service-Designerin mit einem M.A. in Communication Art & Design vom Royal College of Art, London. Sie arbeitete unter anderem für die Service-Design Agentur Think Public, für Grafik-Magazine und zahlreiche eigene Kunden. Auch ist sie Referentin der internationalen Designorganisation Graphicbirdwatching.http://www.bold-futures.com/
Eva Fischer
Eva Fischer Mag.a lebt und arbeitet in Wien. Sie studierte Kunstgeschichte in Graz, Utrecht und Wien. 2002–2007 arbeitete Sie in der Kunstvermittlung für die Neue Galerie Graz, Kunsthaus Graz sowie für die Kunsthalle/MQ Wien. Seit 2006 ist sie als freie Kuratorin, Initiatorin und künstlerische Leiterin des sound:frame Festivals Wien tätig. Ebenfalls seit 2006 als Visualistin unter dem Künstlernamen e:v/a. Seit 2011 unterrichtet sie Audiovisuelle Medien an der Universität für Musik und Darstellende Kunst, Wien.http://www.soundframe.at/
Björn Franke
Dipl.-Des. Björn Franke M.A. ist Dozent für Designtheorie und -geschichte an der Universität für Angewandte Kunst Wien, sowie Gastdozent an der Zürcher Hochschule der Künste und am Royal College of Art in London. Er war Stipendiat an der Akademie Schloss Solitude sowie dem Künstlerhaus Schloss Balmoral. Seine Arbeiten wurden international publiziert und ausgestellt, unter anderem im Design Museum Mailand, im Design Museum Holon sowie in der Kunsthalle Mainz. Seine Forschungsinteressen gelten dem Verhältnis von Design, Technologie und Philosophie, im besonderen der technologisch bedingten Veränderung von menschlichen Verhaltensweisen, Beziehungen und Selbstverständnissen.http://www.bjornfranke.com/
Hubert Matt
Dr. Hubert Matt wurde 1959 in Bregenz geboren, studierte Philosophie und Kunstgeschichte in Innsbruck und promovierte 1985 mit einer Arbeit über Jean Améry. Neben seiner Tätigkeit als Künstler und Philosoph arbeitete er als Journalist, Ausstellungsgestalter, Kurator und Lektor an den Universitäten Innsbruck und Graz (Fakultären für: Philosophie, Kunstgeschichte, Architektur). Er ist seit 2000 Hochschullehrer an der Fachhochschule Vorarlberg für Design und Designtheorie und verantwortet die Ausrichtung Arts&Science im Masterstudium Intermedia.http://vzell.wordpress.com/
Jörg Scheller
Moderation
Dr. Jörg Scheller studierte Kunstwissenschaft, Medienkunst, Philosophie und Anglistik. Von 2007–2009 war er Promotionsstipendiat am DFG-Graduiertenkolleg Bild Körper Medium in Karlsruhe. Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft in Zürich und parallel am Kunsthistorischen Institut der Universität Siegen. 2011 schloss er seine Promotion über Arnold Schwarzenegger ab und wurde auf eine Dozentur für Kunsttheorie und Kunstgeschichte an der Zürcher Hochschule der Künste berufen. Nebenbei ist er als Journalist (u.a. Die Zeit, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine, frieze d/e) und Metal-Musiker tätig.http://www.joergscheller.de/
Konzeption (ausführlich)
Ausgangspunkt für die Konzeption der Symposienreihe „Design der Zukunft“ sind einige neuere Überlegungen zu Aufgaben, Kompetenzen und Status des Designers. Hier sind deutlich Veränderungen zu erkennen, welche die Basis für nachfolgende Überlegungen bilden.
Mit Bruno Latour lässt sich eine Ausweitung der Designzone feststellen, eine Ausweitung des Bereiches von Design.1 Diese Ausweitung ist verknüpft mit einer Ausweitung der Relevanz von Design – je mehr Produkte und Dienstleistungen der Gesellschaft dezidiert designt werden, desto relevanter wird Design in der Gesellschaft. Die Ausweitung der Relevanz führt dann letztlich zu einer Ausweitung der gesellschaftlichen Präsenz und Verantwortung von Designern.2 Mit der kürzlich getroffenen Entscheidung, den Chefdesigner von Apple, Jonathan Ive, als Nummer Zwei in der Firmenhierarchie zu positionieren, vollzog Apple wohl am deutlichsten das „Statusupgrade“ von Design.
Der gesteigerten Relevanz und Verantwortung von Design gerecht zu werden, ist unter anderem zentrale Aufgabe hochschulischer Bildungseinrichtungen, die sich mit Design befassen. Mit der Hochschulwerdung der ehemaligen Berufsakademie zur Dualen Hochschule kann ein neues Selbstverständnis erschlossen werden, bei dem akademische Reflexion, Forschen und Publizieren einen neuen Stellenwert bekommen können. Dazu möchte auch der Studiengang Mediendesign beitragen, unter anderem mit wissenschaftlichen Symposien, die Kernfragen designerischen Denkens und Handelns betreffen, um so nicht nur den Diskurs anderer Hochschulen aufzunehmen, sondern auch selbst Diskursimpulse zu setzen.
Wie nun wird sich Design verändern? Anhand von sechs thematischen Zukunftsszenarien, die wiederum selbst eine ganze Reihe von Fragen enthalten, sollen diese generellen Fragen erörtert werden:
Postbiotik und Neurotechnologie
Nach einer Evolution zweiter Ordnung, einer von Menschen gesteuerten Evolution zur Erzeugung künstlichen Lebens und Bewusstseins, sehen wir uns mit postbiotischen Wesen konfrontiert, hybriden Biorobotern, die teils künstlich, teils natürlich sind.3Schon heute können Körper von Tieren per Funk in ihren Bewegungen gezielt von Menschen fremdgesteuert werden, und lassen sich Nervenzellen von Tieren zur gezielten Steuerung von Robotern einsetzen. Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis postbiotische Wesen, ausgestattet mit einem Selbst und einem Bewusstsein (über das eigene Selbst), als neue Existenzformen auf diesem Planeten erscheinen. Wie werden sie leben? Wie werden wir mit ihnen leben? Wie wird dieses Leben gestaltet sein? Wer wird Gestaltungsaufgaben übernehmen? Postbiotische Designer? Wird die Gestaltung der Evolution folgen und auf die Ebene der zweiten Ordnung verlagert, also auf die Gestaltung von postbiotischen Wesen? Wird Gestaltung immer mehr Programmierung von Gestaltung auf dem Weg vom digitalen über das generative zum neuronalen Design?
Und schließlich: wer wird menschliche und postbiotische Bewusstseinsinhalte gestalten, wenn neuronale Korrelate für Bewusstseinszustände herstellbar und verkäuflich werden? Wer kann diese neuronalen Korrelate als „next cinema“ denken? Was ist, wenn Drogen zukünftig als eine definierte neuronale Verschaltung existieren, deren Wirkung, im Unterschied zu den diffusen Wirkungen heutiger Drogen, exakt gescriptet ist? Wer schreibt die Drehbücher?
Partizipative Nischen-Ökonomie
Folgt man Jacques Attalis These, wonach sich in der Entwicklung der Musik gesellschaftliche Entwicklungen stets zuerst zeigen,4 so ist, begleitet vom Niedergang der Mainstream-Musikkonzerne, ein neues, partizipatives, auf einer Demokratisierung der Produktionsmittel und der Kommunikation basierendes Entfalten von Nischen zu beobachten. Und dies durchaus begleitet von wirtschaftlicher Relevanz und Robustheit. Wie wird sich eine partikularisierte Nischen-Ökonomie entwickeln? Neue ökonomische Modelle zeichnen sich vor dem Hintergrund von Prosumern sowie Sharing- und Funding-Modellen bereits ab.5 Welche Rolle werde hierbei handwerkliche und individuelle gestalterische Lösungen zum Aufbau und zur Kommunikation von Produkt- und Unternehmensidentität spielen, zumal, wenn Wertigkeits- und Differenzkonstruktionen an Bedeutung gewinnen? Welche herkömmlichen gestalterischen Fertigkeiten und Methoden gälte es dann zu reaktivieren, zu erhalten, auszubauen?
Post Future und Retromania
Wenn sich annehmen lässt, dass nach der Postmoderne nun Post Future den gegenwärtigen und kommenden Zustand beschreibt, bei dem unsere Zukunft bereits zu einem guten Teil kapitalisiert und an Banken verkauft worden ist, wirft dies ein besonderes Licht auf den Umgang mit dem, was uns noch als sicheres Element verbleibt: die Vergangenheit.Retromania als stilistische Retroisierung der Gegenwart und Zukunft, das zeichnet sich schon jetzt ab, gewinnt dabei gestalterisch starken bis hin zu dominierendem Einfluss.6 Gibt es einen Weg aus der Retrofalle? Ist das überhaupt eine Falle? Kann das Spiel mit historischen Referenzen, mit Zitaten, mit Collage, mit Copy and Paste auf ein „next level“ semantischer Strategien gebracht werden oder verharren wir in einem ausgereizten Bereich? Ist die Originalitätsästhetik überhaupt noch angebracht, wenn es gar nicht mehr um Originalität geht? Werden wir „chinesischer“, wenn weniger originelle Innovationen, dafür aber eher Verbesserungen des Bestehenden gefragt sind? Oder werden Wirkungsästhetik und neue semantische Strategien der Vernetztheit gegenüber der Originalitätsästhetik an Bedeutung gewinnen? Wie würde sich dies ästhetisch realisieren?
Social Design, Critical Design und Resistance Design
Zwei global registrierbare politische Bewegungen sind 2011 und 2012 unübersehbar manifest geworden: der Widerstand gegen bestimmte politische Systeme wie autokratische Clan-Herrschaft (Naher Osten, Russland) und der Widerstand gegen bestimmte ökonomische Systeme wie Neoliberalismus und Kapitalismus (Occupy-Bewegung, ACTA-Widerstand). Immer mehr Designer haben nicht nur ein Interesse daran, innerhalb eines kapitalistischen Systems Aufträge für manch zweifelhaftes Unternehmen und deren zweifelhafte Produkte zu erledigen (do it for the money), sondern möchten, im Zuge des Wunsches nach Selbstverwirklichung und aus sozialem Bewusstsein heraus, gestalterisch Teil nehmen an Kritik und politischem Widerstand (do it for our sake). Social Design, Critical Design und Resistance Design eröffnen hier Perspektiven vor allem für eine junge Generation, die sich allenthalben um traditionelle Perspektiven gebracht sieht.7Welche gestalterischen, welche kommunikativen Strategien kommen hierbei zum Einsatz? Ist hier eine neue Verbindung von Do-It-Yourself und High Tech zu erwarten? Kommen handwerkliche und digitale Vorgehensweisen hierbei auf eine neue Art zusammen? Ist Jay David Bolters Begriff der Remediation8 als einander bedingende Koexistenz von alten und neuen Medien in seiner Dimensionierung um Do-It-Yourself deutlich erweiterbar? Was lässt sich noch alles aufbohren und, kittlerianisch9 gedacht, produktiv und auf kritische Weise missbrauchen?
Utopia-Design
Was passiert, wenn Kapitalismus und Korruption10 als weltweit dominierende Wirtschaftssysteme, die durchaus voneinander profitieren, ausgedient haben, weil sich die Krise dieser Systeme nur bedingt und endlich verschleppen läßt?Alternative, postkapitalistische Lebensformen werden etwa in Philosophie und Kunst bereits durchgespielt, auch mit Rückgriff auf historische Kapitalismusalternativen des 19. und 20. Jahrhunderts. Welche Rolle kann Design dabei in sozialen, kommunikativen und produktorientierten Zusammenhängen spielen? Dabei geht es nicht nur um Survival-Design, sondern um jene Zusammenhänge etwa aus den 1960er-Jahren, bei denen Agrikultur, Architektur, darstellende und bildende Künste sowie Design im Rahmen von Utopia-Design verknüpft worden sind. Möglichweise werden wir neues Utopia-Design schneller benötigen als gedacht.
Die Peripherie als neues Zentrum
„Die Jahre 2008 bis 2012 werden das Ende der westlichen Vorherrschaft [...] markieren“11, konstatierte vor kurzem Frankreichs Premierminister François Fillon. „Vor drei oder vier Jahren war es undenkbar, dass eine US-Filmproduktion international startet, bevor sie in den USA anläuft“12, verlautbarte ebenfalls vor kurzem Sanford Panitch, CEO von Fox International. „Die Welt ist multipolar geworden“13, bemerkt Volker Perthes zusammenfassend.Immer mehr ökonomische Entwicklungen – von Landbesitz, Rohstoffausbeutung bis zu mobilen Bezahldiensten – vollziehen sich nicht gemäß der historischen vertikalen Nord-Süd-Achse und der historischen Hierarchie von sogenannter 1. und 3. Welt, sondern auf horizontalen Achsen, die insbesondere 2. und 3. Welt miteinander verbinden. Waren- und Dienstleistungsströme werden in steigendem Umfang auf diesen horizontalen Achsen abgewickelt, ohne dass die 1. Welt daran nennenswert partizipieren würde. Auf diese Weise entstehen neue Zentren in der ehemaligen – kolonialen – Peripherie. Fast alle Megacities werden 2050 außerhalb von Europa und den USA liegen, Istanbul wird dann als einzige teileuropäische Stadt zu den Top 20 der größten Städte weltweit zählen. Wie wird sich Design unter dieser Verschiebung von Zentren entwickeln? Wo werden Gestaltungsdienstleistungen – räumlich, inhaltlich und ästhetisch – positioniert sein? Wie wird Design auf die neuen Kunden und ihre Bedürfnisse reagieren? Wer wird Design für die neuen Zentren liefern?
Wie relevant all diese Fragen sind, wie beantwortbar, wie ergänzungsbedürftig – das soll mit dem wissenschaftlichen Format des Symposiums und daraus generierten Publikationen untersucht werden, um Aufschluss über die zukünftige Welt und die Rolle des Designs darin zu erhalten.
In vielen der aufgeworfenen Fragen steckt bereits Wissen, stecken Vermutungen und Implikationen, vielleicht sogar teilweise mögliche Antworten. In vielen steckt aber auch Nichtwissen. Vor allem was die großen Rahmenbedingungen angeht. Wie Richard Sennett in seinen Büchern zeigte14, hat das ökonomische System vor allem seit den 1980er-Jahren dem politischen die Macht entrungen bzw. nutzt das ökonomische System das politische für seine Zwecke.15 Viele zukünftige Entwicklungen werden davon abhängen, wie die Verhältnisse von ökonomischem und politischem System in Zukunft ausfallen werden. Wird das politische System in der Lage sein, Macht zurückzuerobern oder wird es weiterhin unter dem Diktat des ökonomischen Systems und seiner sich ausweitenden Oligopolisierung stehen? Davon wird abhängen, wer mit welchen Interessen und welchen (Gewalt-)Mitteln die Rahmenbedingungen abstecken kann, wer Zugriff auf Ressourcen wie Nahrungsmittel und Energie hat. Nicht zu unterschätzen bleibt dabei die Rolle des religiösen Systems, das sowohl ökonomische wie auch politische Ambitionen hegt – und hier geht es nicht nur um fundamentalistische Religionsideologien. Wie diese drei Systeme sich im Zusammenspiel in der Zukunft entwickeln, steckt bislang nur ansatzweise in den genannten sechs thematischen Zukunftsszenarien. Die Symposien und Publikationen sollen hierzu fragemutigen und explorativen Stimmen Gelegenheit zur Äußerung geben, um die Fragestellungen weiterzuentwickeln, diese selbst zu hinterfragen.
1
Bruno Latour, „Dasein ist Design. Ein vorsichtiger Prometheus? Design im Zeitalter des Klimawandels“, in: Arch+. Zeitschrift für Architektur und Städtebau, Heft 196/197, Januar 2010, S.22–27.
2
Die aktuelle Diskussion um die verstärkte Präsenz von Autorendesign beispielsweise bestätigt diese Entwicklung. Vgl. Katrin Menne, Whose Territory – Zum Verhältnis von Kunst und Design, pdf-Dokument, http://www.fluctuating-images.de/de/node/371 – Zugriff 12.11.2012.
3
Vgl. Thomas Metzinger, Der Egotunnel. Eine neue Philosophie des Selbst: Von der Hirnforschung zur Bewusstseinsethik, Berlin: Berliner Taschenbuch Verlag, 3. Aufl. 2011.
4
Jacques Attali, „Lego c’est moi“, in: texte zur kunst. Sounds, Nr. 60, 12/2005, S. 62–73.
5
Vgl. testcard #19. Blühende Nischen, Mainz: Ventil, 2010.
6
Vgl. Simon Reynolds, Retromania. Pop Culture’s Addiction to Its Own Past, London: Faber & Faber, 2011.
7
Vgl. http://www.querschuesse.de/weiterhin-ein-mieser-arbeitsmarkt-in-der-sudperipherie/ – Zugriff: 04.02.2012.
8
Vgl. Jay David Bolter und Richard Grusin, Remediation: Understanding New Media, Cambridge, Massachusetts: MIT Press, 1999.
9
Friedrich Kittler, „Rockmusik – Ein Missbrauch von Heeresgerät“, in: Peter Gente, Heidi Paris und Martin Weinmann (Hrsg.), Short Cuts. Friedrich Kittler, Frankfurt am Main: Zweitausendeins, 2002, S.7–30.
10
Vgl. http://www.transparency.org/policy_research/surveys_indices/cpi/2010/results – Zugriff: 04.02.2012.
11
Francois Fillon, financial times deutschland, 07.11.2011, S.11. In sehr vielen Bereichen lassen sich signifikante, Dezentralisierung anzeigende Verschiebungen beobachten.
12
Sanford Panitch, financial times deutschland, 12.12.2011, S.7. Hollywoodfilme feiern heute ihre Premieren meist außerhalb der USA, dort findet gleichsam nur noch ihre Resteverwertung statt.
13
Volker Perthes, „Wenn Schwellenländer die Schwelle überschreiten“, Süddeutsche Zeitung, 08.02.2012, S.2. Kennzeichnend für Entwicklung ist auch die Tatsache, dass 2012 ein erstes chinesische Unternehmen nun auch eine Fertigung in Europa (Bulgarien) eröffnen möchte, nicht zuletzt weil dort eine billigere Produktion als in China möglich ist. Europa als Standort für chinesisches Produktions-Outsourcing – eine bisher undenkbare Option: „Bulgarien firmiert in China als „Entwicklungsland“ [...] längst ist China nicht mehr die verlängerte Werkbank Europas – es ist umgekehrt“. Andreas Meyer-Feist, „Chinas Überholmanöver startet in Bulgarien“, http://www.tagesschau.de/wirtschaft/chinabulgarien100.html – Zugriff 22.02.2012.
Der kürzlich veröffentliche OECD-Bericht prophezeit, dass spätestens 2016 China die größte Volkswirtschaft der Welt sein wird. Vgl. die DPA-Meldung zur „OECD-Studie zur Volkswirtschaft. In vier Jahren ist China die Nummer eins“, Süddeutsche Zeitung, 09.11.2012, http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/oecd-studie-zur-volkswirtschaft-in-vier-jahren-ist-china- die-nummer-eins-1.1518897 – Zugriff 11.11.2012.
14
Vgl. Richard Sennett, Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus, Berlin: Berlin Verlag, 1998; ders., Die Kultur des neuen Kapitalismus, Berlin: Berlin Verlag, 2007.
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Besonders deutlich – nicht mehr im Geringsten getarnt – äußert sich dies im US-amerikanischen System der Wahlkampffinanzierung mit Super-Pacs. Vgl. Reymer Klüver, „Obama will Super-Pac nutzen“, in: Süddeutsche Zeitung, 07.02.2012, online: http://www.sueddeutsche.de/politik/kehrtwende-bei-us-wahlkampffinanzierung-obama-will-super-pac-nutzen-1.1278014 – Zugriff 12.02.2012. Immer offener wird auf die scheindemokratische Struktur auch hingewiesen, etwas im Vorfeld der letzten französischen Präsidentschaftswahl, bei der die französischen Wirtschaftsverbände verlauten ließen, dass es gleich sei, welcher Kandidat gewinne, eine Änderung der Wirtschaftspolitik sei sowieso nicht zu erwarten.
Cornelia Lund
Dr. Cornelia Lund ist Kunst- und Medienwissenschaftlerin und Kuratorin. 2001–2004 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Internationalen Zentrum für Kultur- und Technikforschung der Universität Stuttgart. Seit 2004 betreibt sie zusammen mit Holger Lund die Medienkunstplattform fluctuating images (Berlin). Im WS 2011/2012 Vertretungsprofessur für „Kunst.Ästhetik.Medien“ an der FH Düsseldorf, derzeit Mitarbeiterin im DFG Projekt zur „Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland 1945–2005“ an der Universität Hamburg und Dozentin im Master Intermedia an der FH Vorarlberg. Kuratorin zahlreicher Filmpräsentationen (z.B. Mapping Festival Genf, Akademie der Künste Berlin, Index Festival New York). Publikationen u.a. zu experimentellen Filmformen, zu Fake-Dokus, zum Verhältnis von Film und Tanz sowie zum Verhältnis von Bild und Text. Zusammen mit Holger Lund ist sie Herausgeberin von „Audio.Visual – On Visual Music and Related Media“ (2009).
Holger Lund
Prof. Dr. Holger Lund arbeitet als Kunst- und Designwissenschaftler sowie Kurator. Vertretungsprofessur für Theorien der Gestaltung (2008–2011) an der Hochschule Pforzheim, seit Ende 2011 Inhaber der Professur für Medienkunst, Angewandte Kunst- und Gestaltungswissenschaften an der DHBW Ravensburg. Seit 2004 leitet er zusammen mit Cornelia Lund die Medienkunstplattform fluctuating images (Berlin). Seine Forschungsschwerpunkte sind Medienkunst und Musikvisualisierung, 2009 erfolgte die Publikation von „Audio.Visual – On Visual Music and Related Media“ zusammen mit Cornelia Lund, 2011 erschien die Vinyl-Compilation „Bosporus Bridges 2. A Wide Selection of Turkish Funk and Jazz Pearls“.Kuratorische Leitung (Begleitausstellung)
Klaus Birk
Prof. Klaus Birk forscht an der University of the Arts London, Research Unit Information Environments, über methodische Ansätze in der Gestaltung medial erweiterter öffentlicher Räume. Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht dabei ein partizipatives Designverständnis für Medienarchitekturen. Seit 2012 ist Klaus Birk Professor für Mediendesign an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg. Als Design Director im Bereich Digital Experience Design war er zuvor für Intuity Media Lab in Stuttgart tätig. Ferner unterrichtete er Informationsdesign und Designtheorie an der Zürcher Hochschule der Künste.Seine Arbeiten gewannen zahlreiche nationale und internationale Designpreise, u.a. IF Awards, Red Dot Awards Best of the Best oder Auszeichnungen des Deutschen Designer Club.
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Design: Freies Seminar Design der Zukunft
Historie: Design der Zukunft I